Der Bundesverband der deutschen Industrie (BDI) und die CDU Fraktion fordern vereint, dass die deutsche Wirtschaft bei ihren Investitionen im Globalen Süden stärker durch das BMZ gefördert werden sollte, und dass Entwicklungszusammenarbeit in Zukunft zumindest zum Teil liefergebunden erfolgt. Roger Peltzer bewertet diese Forderungen und ordnet ein, ob und inwieweit die von BDI und CDU diagnostizierten Defizite überhaupt vorhanden sind.

Im Kontext der aktuellen Diskussion über die Kürzungen im BMZ-Haushalt und die Positionierung der deutschen Entwicklungszusammenarbeit im härter werdenden internationalen Wettbewerb, haben der Bundesverband der Deutschen Industrie und die CDU-Bundestagsfrakion Papiere mit den oben genannten Forderungen vorgelegt. Der Afrika Verein hat sich in der Vergangenheit schon ähnlich geäußert

Insbesondere wird gefordert, Mittel der EZ zu nutzen, um Investitionen deutscher Unternehmen im Globalen Süden stärker zu fördern und die damit verbunden Risiken (wie z.B. Lokalwährungsrisiken) stärker zu begrenzen. Die CDU-Bundestagsfraktion fordert zudem, dass die DEG im Rahmen ihres Programms Impact Connect, das insbesondere auf die Finanzierung von Investitionen mittelständischer Unternehmen im Globalen Süden zielt, auch Beträge unter 750.000 Euro bereitstellt, was bisher nicht der Fall ist. Die DEG soll zudem Exportfinanzierungen unter 10 Mio Euro darstellen. Innovative Deutsche Technologien sollten im Rahmen der EZ gefördert werden.

Durch die Papiere von BDI und CDU zieht sich auch der Vorschlag, dass die deutsche EZ sich schrittweise von dem Prinzip verabschiedet, dass deutsche EZ nicht an die Lieferungen deutscher Unternehmen gebunden ist. Staatsunternehmen z.B. aus China sollten grundsätzlich nicht als Lieferanten im Rahmen deutscher oder EU EZ zum Zuge kommen

Begründet werden diese Forderungen mit dem Argument, dass Privatinvestitionen und der Mobilisierung von Privatkapital eine ganz entscheidende Rolle bei der Erreichung der Sustainable Development Goals der UN (SDG`s) und insbesondere auch bei der weltweiten Umstellung auf eine C02 neutrale Wirtschaft spielen müssen.

Investitionsdynamik im Globalen Süden wird immer stärker durch lokale Unternehmen getragen.

So richtig dieses Argument ist, so fraglich ist die Schlussfolgerung, dass deutsche Investitionen eine größere Rolle bei der weltweiten Mobilisierung von Privatkapital für die Finanzierung von SDG`s und Klimazielen spielen können. Ihr Anteil an den Privatinvestitionen im Globalen Süden wird – und das gilt insbesondere auch für Investitionen in Afrika – selbst bei größten Anstrengungen bescheiden bleiben. Wenn man sich z.B die Entwicklung in Schwarzafrika in den letzten 30 bis 40 Jahren ansieht, dann spielen dort in einem immer größeren Umfang lokale schwarzafrikanische Unternehmen eine maßgebliche Rolle. Das fing in der Nahrungsmittelindustrie an, setzte sich bei Banken und Versicherungen fort, umfasst den Transportsektor, die Zement- und die Pharmaproduktion, heute aber auch so Bereiche wie großflächige Palmöl- und Kautschukplantagen, die bis vor kurzen noch ausschließlich von Investoren der alten Kolonialmächte dominiert wurden. Hinzu kommen die zunehmenden Investitionen aus anderen Schwellenländern. Wer also Privatinvestitionen in Afrika und im Globalen Süden fördern will, wird insbesondere auch auf die Förderung lokaler Investoren abstellen müssen.

Dennoch können deutsche Unternehmen  im begrenzten Umfang eine Rolle bei der Mobilisierung von Privatkapital spielen. Werden sie bei ihren Investitionen und Handelsbeziehungen zum Globalen Süden genügend unterstützt? Ich würde behaupten, dass Deutschland eines der ausgefeiltesten Außenwirtschaftsförderungssyteme weltweit hat. Die KfW IPEX Bank finanziert Exporte deutscher Unternehmen in die ganze Welt und dies vielfach verbunden mit einer Hermesabsicherung, die für den Lieferanten wirtschaftliche und politische Risiken abdeckt. Sollte sich die KFW-IPEX Bank schwertun, Exporte unter einem Wert von 10 Mio. Euro zu finanzieren, was der CDU-Antrag andeutet, dann sollte die KFW IPEX Bank diesen möglichen Missstand relativ einfach abstellen können.

Mit den Kapitalanlagengarantie des Bundes steht deutschen Unternehmen, die Eigenkapital investieren, weltweit eines der preisgünstigsten Instrument zur Absicherung politischer Risiken zur Verfügung. Die EU-Kommission hat zudem kürzlich ein Milliarden schweres Garantieprogramm aufgelegt, mit dem bilaterale Entwicklungsbanken z.B. politische Risiken ihrer Darlehen an Unternehmen absichern können. Das wird vermehrt Finanzierungen auch in Ländern mit hohen politischen Risiken ermöglichen.

Seit 2019 bietet die DEG-Deutsche Investitionsgesellschaft im Rahmen ihres Programms Impact Connect (zuvor Afrika Connect) deutschen Mittelständlern in einem ziemlich schlanken Verfahren Kredite von bis zu 5 Mio Euro für die Finanzierung ihrer Investitionen im globalen Süden an. Die Forderung der CDU, dass Impact Connect auch kleinere Investitionen von unter 750.000 Euro finanzieren solle, macht wenig Sinn. Da stehen die Transaktions- und Bearbeitungskosten in keinem Verhältnis mehr zum Bearbeitungsvolumen. Kommt hinzu, dass es mittlerweile in fast allen Ländern des globalen Südens und auch in Afrika leistungsfähige lokale Bankinstitute (vielfach mit Hilfe von Entwicklungsbanken wie der DEG mitaufgebaut und refinanziert) gibt, die solche Größenordnungen aber auch wesentlich größere Darlehensvolumina ohne Probleme stemmen können.  Zu überlegen wäre, in den Ländern, wo es ein größeres deutsches Investitionsinteresse gibt, „German Desks“ bei lokalen Banken einzuführen. In Kenia ist das bei Equity Bank und Access Bank bereits der Fall. Das würden diese Banken vermutlich weitgehend selbst finanzieren. Dringend zu empfehlen wäre allerdings, dass Impact Connect auch auf lokale Investoren in den Ländern des Globalen Südens auszudehnen und nicht auf Investoren aus der EU zu beschränken.

Außerdem gibt es das DeveloPP-Programm des Bundes, das über die DEG und die GIZ abgewickelt wird. Dort können entwicklungspolitische sinnvolle Vorhaben von Unternehmen mit einem Zuschuss von bis zu 50% aus HH-Mitteln unterstützt werden. Mit diesem Programm sind erfolgreich auch innovative Unternehmenskonzepte und Technologien gefördert worden.  Wie sehr sich allerdings die Investitionsdynamiken in der Welt verschoben haben, zeigt die Tatsache, dass mittlerweile deutlich mehr als 50% der develoPP Projekte von lokalen Investoren und eben nicht von deutschen Unternehmen nachgefragt werden. Ein weiteres relativ kleines, aber hoch effizientes Programm ist der DEG Business Support, wo die DEG für ihre aktuellen und potentiellen Kunden den Einsatz hoch spezialisierte Berater zu allen Fragen der Unternehmensoptimierung bei ihren Investitionen im Globalen Süden mit 50% der Kosten bezuschusst.

Gibt es Finanzierungslücken?

Wo gibt es Finanzierungslücken? Für die Mobilisierung von Eigenkapital für Investitionen im Globalen Süden gibt es mittlerweile International eine Vielzahl von Fonds, die durchaus auch kleinere Beträge zur Verfügung stellen und auch hoch innovative Projekte finanzieren. Dafür dürften im Einzelfall auch Mittel aus der in Deutschland mittlerweile recht ausgebauten Start Up Förderung zur Verfügung stehen.

Bedauerlich ist allerdings, dass die DEG ihr „upsclaing Programm“ eingestellt hat. Im Rahmen dieses Programms konnten innovative mittelständische Unternehmen rückzahlbare Zuschüsse von der DEG bekommen, die ihnen dann auch die Tür zu weiteren Finanzierungen geöffnet haben. Da die DEG aus regulatorischen Gründen das Programm so ausgestalten musste, dass die DEG nicht an den upsides erfolgreicher Projekte partizipieren konnte, aber anderseits alle Verluste zu tragen hatte, war dieses Programm zumindest betriebswirtschaftlich ein Verlust Geschäft. Andererseits hat es über die Jahre eine ganze Reihe von entwicklungspolitisch und wirtschaftlich erfolgreichen Leuchttürmen hervorgebracht hat. Da es sich allerdings für die DEG um einen überschaubaren „Nebenkriegsschauplatz“ handelte, fehlte dem Management am Schluss wohl der Wille, nochmal Energie in eine Neuaufstellung dieses Konzeptes zu investieren. Man muss auch sagen, dass die Nutznießer dieses Programms wiederum weitaus überwiegend lokale Unternehmer waren, s.o.

Was die Finanzierung von Darlehen in Lokalwährungen angeht, so können DEG und KFW für eine zunehmende Anzahl von Ländern solche Lokalwährungsdarlehen anbieten. Der dazu geschaffene TCX Fonds (in dem auch BMZ HH-Mittel stecken) baut sein Geschäftsvolumen aus und wird dadurch auch schrittweise bei den Zinskosten günstiger. Die DEG könnte ggf. auch noch stärker direkt Garantien für Lokalwährungsdarlehen lokaler Banken an Unternehmen im Globalen Süden auslegen. Eigenkapitalinvestitionen gegen Lokalwährungsrisiken abzusichern, macht demgegenüber aus meiner Sicht keinen Sinn. Die Investoren müssen sich schon selbst kritisch prüfen, ob ihre Unternehmen z.B. durch Exporte Lokalwährungsrisiken kompensieren, bzw. ob mögliche Abwertungen durch Preissteigerungen in den lokalen Märkten abgefangen werden können. Sollte diese nicht der Fall sein, sollten sie die Investition unterlassen.

Grundsätzlich schwieriger bleibt die Darlehensfinanzierung von sogenannten „Green Field Projekten“, also Projekten, die ganz neu auf der Grünen Wiese errichtet werden. Die Finanziers wissen, dass bei solchen Projekte die Gefahr des Scheiterns relativ groß ist und verlangen entsprechende Absicherungen. Noch ausgeprägter ist die Zurückhaltung bei der Finanzierung von Primärproduktion in der Landwirtschaft. Hier gibt es Weltmarktpreisschwankungen, Wetterrisiken, Seuchen bei der Tierproduktion aber auch Änderungen in der staatlichen Regulierung, die sich vielfach im Globalen Süden versicherungstechnisch nicht absichern lassen. Die KFW-Entwicklungsbank hat deshalb mit dem AATIF-Fonds ein Instrument geschaffen, das auf de Finanzierung von Landwirtschaftsprojekten in Afrika zielt. Dort gibt es eine First Loss Tranche aus BMZ-HH-Mitteln. Aber auch bei AATIF tut man sich dennoch mit der Finanzierung der eigentlichen Primärproduktion schwer. Bevorzugt wird die Finanzierung der ersten Verarbeitungsstufe oder des Aufkaufs von einmal produzierten Ernten, sog. Handelsfinanzierungen.

Insgesamt kann man aber festhalten, dass eine kleineres oder größeres deutsches Unternehmen, das eine Finanzierung für eine durchdachte und gut konzipierte Investition im Globalen Süden braucht, keine Probleme haben sollte, dafür eine Finanzierung zu finden, vorausgesetzt der Sponsor ist bereit, auch eigenes Geld einzusetzen. Und unsere Ausführungen stellen zudem nur auf die Finanzierungsmöglichkeiten in Deutschland ab. Deutsche Investoren können sich ja aber auch ohne Problem an die Entwicklungsbanken anderer europäischer Länder oder lokale Banken wenden, so dass sie zudem Auswahlmöglichkeiten bei der Finanzierung haben. Das AWE-Programm von DEG und GIZ (BMZ finanziert) bietet deutschen Unternehmen eine umfassende Beratung über alle Finanzierungsmöglichkeiten in Deutschland, in EU oder auch im Zielland. Das Bundesunternehmen GTAI stellt Investoren zudem eine Vielzahl an qualifizierten Informationen über praktisch alle Zielländer in der Welt zur Verfügung.

Hilft Lieferbindung in der EZ der deutschen Wirtschaft?

Bleibt der Vorschlag der Lieferbindung, also die Forderung, dass aus EZ finanzierte Projekte ausschließlich oder weitgehend ihre Investitionsgüter von deutschen, ggf. europäischen Unternehmen beziehen.  Dieser Vorschlag von Seiten des BDI und der CDU hat schon ein besonderes Geschmäckle, treten diese doch i.d.R. vorbehaltlos für den freien Weltmarkt ein. Das verbreitete Gefühl ist, dass deutsche Unternehmen an aus bilateralen oder multi- lateraler EZ finanzierten Lieferungen nicht genügend teilhaben. Ist das so? Eine jüngere Untersuchung der GTAI zu den Leuchtturmprojekten der Global Gate Way Initiative der EU zeigt demgegenüber, dass deutsche Unternehmen ganz maßgeblich an den Lieferungen für die Umsetzung dieser Projekte beteiligt sind. Eine gerade veröffentlichte Studie im Auftrag der KfW zeigt, dass 35 % der deutschen FZ-Mittel in die Auftragsbücher deutscher Unternehmen fließen. Mein persönliche Erfahrung ist auch – erst kürzlich wieder am Beispiel eines Speiseölprojektes in Ostafrika bestätigt-, dass sich hinter einer schlüsselfertigen Lieferung aus einem Schwellenland, in dem Fall Indien, ganz viel deutsche und europäische Technologie verbirgt. In dem konkreten Fall kommen 80 % der Maschinenteile (Motoren, Pumpen etc.) aus Deutschland, Italien, Belgien und Dänemark. Und in der Realität ist es zudem oft so, dass deutsche und z.B. chinesische Lieferungen Hand in Hand gehen. So lieferte Voith die Turbinen für das größte Wasserkraftwerk Angolas, Chinesen und Brasilianer bauten den Damm. Nicht wenige chinesische Straßenbauprojekte in Afrika werden durch deutsche Ingenieursfirmen überwacht. Innovative deutsche Firmen bringen die Elektrifizierung ländlicher Räume in Afrika auf den Weg. Sie arbeiten dabei mit chinesischen Solarpanels und Batterien. Wollen BDI und CDU diese internationale Arbeitsteilung, von der Deutschland und die Länder im globalen Süden gleichermaßen stark profitieren, aufs Spiel setzen? Lieferbindung würde EZ-Projekte verteuern. Wir bekämen für das gleiche Geld weniger Wirkung. Und es würde den Innovationsdruck auf deutsche Unternehmen vermindern. Fazit: Wir brauchen viel mehr Privatkapital für die Entwicklungsfinanzierung. Das ist richtig. Dazu müssen in Deutschland Hürden beseitigt werden, damit KFW und DEG in wesentlich größeren Umfang über den Kapitalmarkt refinanziert tätig werden können. Allein dadurch ließen sich die Einsparungen im BMZ-HH mehr als ausgleichen. Und man kann mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein nicht geringer Teil der durch zusätzliche DEG und KfW Finanzierungen induzierten Lieferungen in den Globalen Süden in den Auftragsbüchen deutscher Unternehmen landen werden, bzw. dass sich für deutsche Unternehmen so auch spannende neue Investitionsmöglichkeiten eröffnen.

Titelbild: Voith Wasserkraftwerk in Cambambe, Angola, während der Rehabilitationsarbeiten mit dem Ziel einer deutlichen Leistungssteigerung. URL: https://voith.com/corp-en/about-us/markets-locations/africa/voith-hydro-in-africa/cambambe-angola.html

Autor

  • 70 Jahre alt, verheiratet, 3 Kinder und 4 Enkelkinder. Ich habe an der Universität Münster Volkswirtschaft studiert und anschließend den postgraduierten Kurs am deutschen Institut für Entwicklungspolitik (heute IDOS) absolviert.

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Roger Peltzer


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