Kamerun gilt gemeinhin und zu Recht als schlecht regiertes Land. Der seit 1982 regierende Präsident Paul Biya führt das Land autokratisch, befindet sich mit einem Teil der anglophonen Bevölkerung im Dauerkonflikt und schafft es nicht, das mit so vielen menschlichen und natürlichen Ressourcen gesegnete Land in ein dynamisches Wachstum zu führen.
Celestin Guela, CEO von Afriland First Bank, erläutert in einem Interview, wie es in diesem Umfeld dennoch gelungen ist, praktisch aus dem Nichts die heute größte und erfolgreichste Bank Kameruns aufzubauen.
Afriland First Bank wurde 1987 zunächst unter dem Namen CCEI Bank von dem kamerunischen Unternehmer Paul Fokam und einigen weitere Investoren gegründet. Das Gründungskapital betrug damals 450.000 Euro und CCEI Bank war in einem Umfeld, das fast ausschließlich von Filialen französischer und südafrikanischer Großbanken geprägt war, das mit Abstand kleinste Institut.
36 Jahre später ist Afriland First Bank die größte Bank in Kamerun geworden mit einem Marktanteil von 20 % bei den Spareinlagen. Zum 31.12.2022 betrug die Bilanzsummer 2,65 Milliarden Euro, die Kundeneinlagen beliefen sich auf 2,09 Milliarden Euro und die ausgelegten Kredite betrugen 1,52 Milliarden Euro. Mit einem Eigenkapital von 137,5 Milliarden Euro betrug der Gewinn 31,5 Mio Euro. Wir unterhalten uns mit dem Generaldirektor der Bank über diese „Revolution“ im kamerunischen Banksektor.
Frage: Was hat die Gründer von AFriland First Bank dazu bewegt, eine neue Bank in einem Umfeld auf den Weg zu bringen, das von einer tiefen Wirtschaftskrise, einem Vertrauensverlust zwischen ökonomischen Akteuren und dem Banksektor geprägt war?
Antwort: Das ist exakt. In den 80iger Jahren waren viele afrikanische Ökonomien mit einer Krise der Rohstoffpreise, einer verbreiteten Inflation und einer weitgehenden Bankenkrise konfrontiert. Es kam darauf an, wieder Vertrauen zu schaffen und die Banken als Motor des wirtschaftlichen Fortschritts zu rehabilitieren. Die Filialen der großen ausländischen Banken hatten andere Sorgen, als den Kunden lokal angepasste Produkte anzubieten. In diesem Kontext sind Dr. Fokam und seine Kollegen das Risiko eingegangen, im Dienste der nationalen Ökonomie afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme anzubieten. Dabei ging es insbesondere auch um die Mobilisierung der lokalen Ersparnisse durch das Angebot entsprechender Produkte, die flexibel und attraktiv ausgestaltet waren. Kurz und gut, es kam zu einer Revolution in der Art und Weise eine Bank zu führen und das Vertrauen der Kunden in die Banken kehrte zurück.
Frage: Heute ist AFriland First Bank mit einem Marktanteil von 18% – 20 %-die größte Bank in Kamerun. Afriland First Bank ist zudem eine der profitabelsten Banken in Zentralafrika. Was sind die wesentlichen Faktoren, die diesen Erfolg erklären?
Antwort: Zunächst einmal muss man sagen, dass die Bank nicht immer so profitabel war, wie sie sich heute darstellt. Die jetzt realisierten Ergebnisse sind das Resultat vieler Jahre harter Arbeit. Die drei wesentlichen Erfolgsfaktoren sind aus meiner Sicht die folgenden.
- Erstens: Zunächst einmal achten wir darauf, dass wir immer wesentlich mehr Liquidität vorhalten als wir Kredite auslegen. Das erhöht zwar nicht unbedingt die Profitabilität der Bank, aber das hat uns im Gegensatz zu fast allen unseren Mitbewerbern in Kamerun in den letzten 35 Jahren davor bewahrt, in einem Liquiditätsengpass (bank run) hineinzulaufen und externe Hilfe zu benötigen.
- Zweitens: Wir haben uns von Anfang an um das Geschäftssegment der kleinen und mittleren Unternehmer gekümmert und Ihnen, die bis dato nur schwer Geld von Banken bekommen haben, Zugang zu Krediten ermöglicht. Das ging zwar auch mit erhöhten Ausfallrisiken einher, konnte aber durch entsprechende Gewinne kompensiert werden. Heute bemühen sich in Kamerun fast alle Banken um diese Klientel, was vor der Gründung von Afriland First Bank weitgehend nicht der Fall war. Man muss aber dazu sagen, dass wir zwischenzeitlich auch viele Großkunden gewonnen haben und in erheblichem Umfang Staatsanleihen von Kamerun und anderen zentralafrikanischen Ländern zeichnen. Der Finanzmarkt in Kamerun hat sich so weit entwickelt, dass wir Projekte in der Größenordnung von 100 – 200 Mio. Euro durchaus mit lokalen Bankkonsortien finanzieren können, ohne auf ausländische Finanzinstitute zurückgreifen zu müssen.
- Und dann haben wir uns auch immer mit Innovationen hervorgetan. So haben wir das zweitgrößte Mikrofinanznetzwerk Kameruns initiiert, mit dem wir eine Vielzahl von Geschäftsbeziehungen unterhalten haben, und das erheblich zur „finanziellen Inklusion“ in Kamerun beigetragen hat. 30 Jahren später ist der Effekt dieser ländlichen Genossenschaftsbanken gar nicht hoch genug einzuschätzen.
Wir haben als erste mit Flash Cash ein sicheres Zahlungsmitteln eingeführt, das überall in Kamerun und in Zentralafrika eingelöst werden kann. Darüber hinaus ist insbesondere die Icard zu erwähnen, eine Art elektronisches Portemonaie, die aber unglücklicherweise von der Zentralbank aus nicht ganz geklärten Gründen nicht akzeptiert wurde. Wir waren und sind auch die Pioniere in der „islamischen Finanzierung“ in Kamerun. Wir sind die Einzigen, die im großen Stil Pilgerreisen nach Mekka finanzieren.
Frage: Heute werden 60% des kamerunischen Bankenmarktes von Banken kontrolliert, die entweder aus Kamerun selbst oder auch West- und Zentralafrika kommen. Wie erklären Sie sich diesen hohen Marktanteil?
Antwort: Das sind z.T. eben die Gründe, die ich schon für den Erfolg von Afriland First Bank angeführt habe. Die afrikanischen Banken sind vielfach näher an den Kunden dran, sind vielfach flexibler und haben oft etwas mehr Risikoappetit als die Kreditkomitees multinationaler Institute, die sich weit außerhalb von Kamerun befinden. Hinzu kommt, dass die Bankenaufsicht in Kamerun durchaus funktioniert. So werden Banken, die in Schieflage geraten, rechtzeitig aufgefangen oder auch aus dem Markt genommen. Das schafft Vertrauen.
Frage: Nun ist Afriland First Bank ja stolz darauf, wie Sie gesagt haben, afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme anzubieten. Dennoch waren sie in ihren langjährigen Geschichte auch mehrfach auf Unterstützung von außen angewiesen. Ist das ein Widerspruch?
Antwort: Direkt abhängig von äußerer Unterstützung waren wie nie. Aber es gab Unterstützung, ohne dass wir deshalb „abhängig“ wurden.
So haben sich die holländische Entwicklungsbank FMO und die DEG-Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft schon nach der Gründung von CCEI-Bank an unseren Kapital beteiligt und uns Kredite gegeben haben. Auch viele Jahre später hat sich die DEG nochmal mit einem Eigenkapital ähnlichen Darlehen an der Finanzierung von Afriland First Bank beteiligt. Diese Finanzierungen waren nicht nur des „Geldes wegen“ wichtig, sondern sie haben uns im Markt und gegenüber der Bankaufsicht auch viel Glaubwürdigkeit verschafft und uns ermöglicht, unser Finanzierungsgeschäft und unser „capacity building“ auszuweiten. Ich weiß, dass es in Den Haag und in Köln lange Diskussionen gab, ob man sich auf die Finanzierung einer damals noch kleinen und unbekannten Bank in Afrika einlassen sollte, aber letztlich haben da die FMO, DEG und später auch IFC (2013) und Proparco (2022) entwicklungspolitisch für die Weiterentwicklung des kamerunischen Bankensektors wichtige Grundlagenarbeit geleistet.
Aber nochmal zu Ihrer eigentlichen Frage zurück. Was kann ausländische Unterstützung leisten? In der Tat waren wir eine Zeit lang zu sehr darauf fixiert für alles unsere eigenen, originären Lösungen zu finden. Das galt für die EDV, aber auch für ein zeitgemäßes Infoverarbeitungssystem, wo wir uns über viele Jahren mit Dutzenden von Exceltabellen herumgeschlagen haben, die z.T. widersprüchliche Angaben auch an unsere Investoren und Kreditgeber lieferten. Das konnten wir mit Hilfe eines Technischen Assistenzprogramms der DEG abstellen, so dass wir heute in der Lage sind, täglich und einheitlich alle erforderlichen Informationen abzurufen und ggf. weiterzugeben. Das ist ein echter Konkurrenzvorteil und war auch für die Bankaufsicht wichtig. Ich betone, dass die Unterstützung der DEG mit Blick auf unser Risikomanagement, unsere interne Governance und unser Informationsverar-beitungssytem sehr wichtig war.
Im Ergebnis kann ich sagen, dass es natürlich darauf ankommt, zunächst die Dinge aus eigener Kraft in Angriff zu nehmen und das Kerngerüst einer Institution zu schaffen. Um dieses Kerngerüst dann weiter auszubauen, darf und muss man aber auch auf externe Unterstützung zurückzugreifen. Diese externe Unterstützung wird allerdings nur funktionieren, wenn sie sich auf die Mitarbeit eines motivierten und qualifizierten „internen“ Teams stützen kann.
Frage: Was sind die nächsten großen Herausforderungen, vor denen Afriland First Bank steht? Mit welchen Innovationen werden Sie ihre Kunden überraschen?
Antwort: Grundsätzlich ist der alle unsere Aktivitäten leitende Gedanke, wie wir die Kundenbedürfnisse zufriedenstellen können. Wir arbeiten dabei an zwei komplementären Herausforderungen. Es geht darum, den Kunden nahe zu sein und gleichzeitig die digitale Transformation zu bewältigen. Afriland First Bank hat 60 Filialen in Kamerun. Wir möchten, dass die Kameruner jederzeit, wo immer sie sich befinden und über jeden möglichen Kanal (Telefon, Computer, Tablett, aber auch die Filiale) Zugang zu unseren Produkten haben. Deshalb dehnen wir unsere Netz mit mittelgroßen Filialen und unserem elektronischen Bankportal „SARA“ so weit und so schnell wie möglich aus. Schließlich möchte ich sagen, dass unsere größte Herausforderung ist, fähige MitarbeiterInnen zu gewinnen und sie dauerhaft in unserer Bank zu halten.