Eine Entwicklungsbank wie die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft muss sich natürlich  der öffentlichen Kritik stellen. Von seriös operierenden Investigativ Journalisten sollte man dabei aber eine faire und ausgewogene Berichterstattung erwarten. Der Artikel von Gesa Steeger mit dem Titel „Abholzung – DEG fördert Umweltzerstörung“ leistet aber genau das nicht. Roger Peltzer zeigt in dem folgenden Beitrag auf, wie auf der Basis eines einzelnen möglichen Fehlverhalten eines von der DEG finanzierten Unternehmens praktisch ohne Belege die steile These aufgestellt wird, die DEG finanziere überwiegend entwicklungspolitisch fragwürdige Projekte.

Kürzlich hat das Recherche Collectiv Netzwerk unter dem Titel „Abholzung – Deutsche Entwicklungsbank fördert Umweltzerstörung“ einen ausgesprochen tendenziösen und mit fragwürdigen Behauptungen gespickten Artikel zur Investitionstätigkeit der DEG – Deutsche und Investitions- und Entwicklungsgesellschaft veröffentlicht.

Ausgehend von Satelliten-Aufnahmen, die zeigen sollen, dass im Konzessionsgebiet des Unternehmens Payco 7000 ha hochwertigen Waldes abgeholzt worden sein sollen, kommt die Autorin zu dem Schluss, dass die DEG systematisch entwicklungspolitisch fragwürdige und skandalträchtige Projekte, von denen u.a. auch korrupte Geschäftsleute profitieren würden, finanziere. Zudem wisse niemand, so das im Artikel genannte Zitat eines Entwicklungsexperten, was die DEG eigentlich tue und im übrigen würde diese über ihre Finanzierungen Profite von Privatunternehmern subventionieren.

Nun sollte schon ein kurzer Klick auf die Webseite der DEG zeigen, dass die Behauptung, das niemand wisse, was die DEG mache, absurd ist. Dort werden präzise alle von der DEG finanzierten Projekte benannt. Für die Behauptung, dass die DEG korrupte Geschäftsleute begünstige, fügt die Autorin zudem keinen einzigen Beweis an. Auch für die Aussage, dass die DEG Projekte „subventioniere“ wird kein Beweis angeführt. Die DEG finanziert Projekte stets zu Marktkonditionen.  Dennoch sind die Behauptungen von Gesa Steeger u.a. von Focus und dem Spiegel zitiert worden. 

Wie ist nun das Argumentationsmuster des Artikels aufgebaut? Ausgangspunkt ist das besagte Satellitenfoto. Es legt in der Tat die Schlussfolgerung nahe, dass das Unternehmen Payco, an dem die DEG beteiligt ist, vertragswidrig schützenswerten Wald gerodet hat. Allerdings ist die Rodung offensichtlich nach Eintritt der DEG in das Kapital dieses Unternehmens erfolgt. Sollte sich die Abholzung bestätigen – das wird gerade untersucht – hat sich Payco vertragswidrig verhalten. Das wäre in der Tat zu krtisieren  und muss auch öffentlich debattiert werden. Nun investiert die DEG in hunderte von Unternehmen. Bei aller Sorgfalt kann dabei nicht ausgeschlossen werden, dass sich dabei einzelne Unternehmen auch mal vertragswidrig verhalten. Daraus die Schlussfolgerung abzuleiten, die DEG investiere systematisch in entwicklungspolitisch fragwürdige Projekte, ist journalistisch zunächst mal ausgesprochen unseriös.

Wie kommt die Autorin zu dieser verallgemeinernden Schlussfolgerung? Zunächst einmal kritisiert sie auch die DEG-Investition in den Fonds ARBARO, der Holz- und Wiederaufforderungsprojekte weltweit finanziert. An diesem Fonds ist im Übrigen auch die Europäische Investitionsbank beteiligt. Die Kritik von Frau Steeger: ARBARO hätte bis jetzt seine Investitionsziele nicht erreicht, strebe eine Rendite von 12% an, und habe auf bis dato als Weidegebiet genutzten Flächen in Paraguay Eukalyptusbäume gepflanzt, die zudem mit Glyphosat gespritzt würden. Nun ist es der Normalfall, dass Fonds Zeit brauchen, manchmal auch mehr als geplant, um ihre Investitionsziele zu erreichen. Wenn Kredite an Entwicklungsländer zurzeit mit ca. – 9 % verzinst werden, ist es zudem völlig normal, dass Eigenkapitalinvestoren, die ja ein höheres Risiko als Kreditgeber tragen, eine Verzinsung ihres Kapitals erwarten, die über dem Kreditzins liegt. Daran ist nichts Anstößiges. Nun ist der Anbau von Eukalyptus Bäumen sicher nicht das Nonplusultra der nachhaltigen Forstwirtschaft, ARBARO gibt aber an, dass die Biodiversität auf den aufgeforsteten Flächen größer ist als bei der zuvor praktizieren Weidenutzung. Das klingt plausibel. Und Glyphosat ist in der EU immer noch erlaubt, obwohl die DEG-Umweltabteilung in Verhandlungen mit dem Fonds sicher darauf hinwirkt, dass die Nutzung von Glyphosat abgestellt wird. Also, wo ist hier das entwicklungspolitisch fragwürdige Projekt?

Um ihre Behauptung zu untermauern, dass die DEG systematisch entwicklungspolitisch fragwürdige Projekte fördere, führt die Autorin dann eine Reihe von weiteren DEG-Finanzierungen an, die angeblich umstritten seien. Außer der Tatsache, dass einzelne Nichtregierungsorganisationen diese Projekte kritisiert haben, nennt  die Autorin aber keine weiteren Belege für die angebliche Problematik dieser Projekte..

Nun würde in Deutschland kein Windrad und keine Bahnstrecke mehr gebaut oder erweitert, wenn individuelle Bürgerproteste der Maßstab dafür wären, ob diese Projekte sinnvoll sind oder nicht.

Beispielhaft für die unseriöse Vorgehensweise der Autorin sei hier den Windpark Lake Turkana in Kenia angeführt, den die DEG zusammen mit vielen anderen Entwicklungsfinanzierungsinstitutionen unter Federführung der Afrikanischen Entwicklungsbank mitfinanziert hat. Auch dieser Windpark wird von der Autorin als fragwürdiges Projekt bezeichner. Der fertiggestellt Windpark Lake Turkan trägt heute 15% zur gesamten Stromversorgung Kenias bei. Er ist die einer der Gründe dafür, dass Bundeskanzler Scholz bei seiner Kenia-Visite feststellen konnte, dass das Land schon zu fast 100% auf Erneuerbare Energien umgestellt hat. Dazu beigetragen haben auch die ebenfalls von DEG und KfW finanzierten Geothermie Kraftwerke. Lake Turkana ist zudem der mit Abstand größte kommerziell (das heißt ohne Haushaltsmittel)  finanzierte Windpark in Subsahara Afrika. Seine Realisierung stellt zweifelsohne einen Meilenstein in der Bekämpfung des Klimawandels in Afrika dar.

Zu diesem Projekt gibt es, einfach im Internet zu finden, eine umfängliche Umwelt- und Sozialverträglichkeitsstudie. Diese Studie ist nach Konsultation mit allen Projektbetroffenen erstellt worden. Der zuständige und demokratisch gewählte District Council hat das Projekt auf dieser Basis genehmigt und das Land an die Projektgesellschaft verpachtet. In der Studie ist u.a. nachzulesen, dass das Projektgebiet weitgehend menschenleer ist und dass für die dort lebenden Nomaden während der Bauzeit alternative Wasserstellen eingerichtet worden sind. Im Zusammenhang mit dem Bau der Zugangsstraße gab es eine Umsiedlung. Die Anwohner dieses Dorfes sind demnach angemessen entschädigt worden. Dennoch gibt es immer noch Kritik von einigen NRO´s: Die Entschädigungen seien nicht ausreichend, durch das Projekt seinen viele „Fremde“ in das Gebiet gezogen… Rechtfertigen diese einzelnen Proteste die Aussage, die DEG würde überwiegend in entwicklungspolitisch fragwürdige Projekte investieren?

Zusammenfassend kann man sagen, dass das auf seine Recherche-Fähigkeiten so stolze Recherche-Collectiv in Falle des DEG-Artikels zu Schlussfolgerungen kommt, die bei gründlicher Nachforschung nicht annähernd zu halten sind. Im Falle des DEG-Artikels hat es offensichtlich keine gründliche Recherche gegeben, und Magazine wie Focus und Spiegel, die ja über eigene Rechercheabteilungen verfügen, haben das ungeprüft nachgedruckt. Der Fall Relotius lässt grüßen.

Natürlich müssen sich auch Entwicklungsbanken wie die DEG der öffentlichen Diskussion und Kritik stellen. Man kann auch kontrovers darüber diskutieren, was entwicklungspolitisch sinnvoll ist und was nicht.  Alle, die unter hohen Risiken in schwierigen Ländern investieren, haben aber Anspruch auf eine faire und aus gewogene Recherche. Wenn jedes partielle  Fehlverhalten direkt skandalisiert und als herrschende Geschäftspraxis verallgemeinert wird, führt das nur dazu, dass in einem Umfeld, wo eh immer mehr Entscheider Risiken scheuen, diese schließlich von Investitionen z.B. in Afrika absehen. Ist das das Ziel kritischer Recherche?

Das Korrektiv Recherche-Netzwerk, das so vehement Transparenz einfordert, hat im Übrigen bis heute meine Stellungnahme zu dem Artikel nicht abgedruckt.

Autor

  • Roger Peltzer

    70 Jahre alt, verheiratet, 3 Kinder und bald 4 Enkel. Ich habe an der Universität Münster Volkswirtschaft studiert und anschließend den postgraduierten Kurs am deutschen Institut für Entwicklungspolitik (heute IDOS) absolviert.

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Unseriöse Methoden des correctiv Rechernetzwerkes bei Berichterstattung über die Investitionstätigkeit der DEG

Roger Peltzer


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