Interview mit Bernt Hagenlocher, Senior Investment Manager im Business Support Service Team von DEG Impulse gGmbH, einer hundertprozentigen Tochtergesellschaft der DEG-Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft in Köln.

Kann Entwicklungszusammenarbeit (EZ) institutionelle Veränderungen in den Partnerländern Deutschlands bewirken? Die Skepsis, ob dieser Anspruch eingelöst werden kann, ist in den letzten Jahren in der entwicklungspolitischen Diskussion gewachsen.

Das Business Support Services Programm, das die DEG Impulse für existierende und potentielle Unternehmenskunden anbietet, zeigt demgegenüber eindrucksvoll, wie technische Assistenz (TA) konzipiert sein muss, um tatsächliche Veränderungen vor Ort zu bewirken. Ausgangspunkt ist immer der Veränderungswille des Kunden. Er muss den „change“ zu einer Top Priorität seines Unternehmens machen, MitarbeiterInnen mobilisieren, die den Veränderungsprozess vorantreiben und er muss eigenes Geld in die Hand nehmen. Wenn diese Voraussetzungen gegeben sind, übernimmt die DEG bis zu 50 % der Kosten von hochspezialisierten BeraterInnen, die den Veränderungsprozess beim Kunden begleiten. Die Einsätze der BeraterInnen erstrecken sich in der Regel über wenige Wochen oder Monate. Ziel ist immer die möglichst rasche Befähigung des Unternehmens.

Das BSS-Programm ist zudem sehr schlank und effizient strukturiert und unterscheidet sich insofern auch in dieser Hinsicht von vielen anderen Programmen der EZ. Allerdings zielt das Programm ausschließlich auf Unternehmenskunden und nur in Einzelfällen auf andere privatwirtschaftliche Akteure, wie z.B. Verbände. Dennoch lassen sich wesentliche Erfahrungen auch auf die TZ mit staatlichen oder parastaatlichen Akteuren übertragen. Das gilt insbesondere für die Fokussierung auf eine klare Zielsetzung der Maßnahme (Nicht Überfrachtung mit einer Vielzahl von Zielen) und das DEG interne schlanke Management des Programms. Gerade in Zeiten, wo die EZ öffentlich stark in Frage gestellt werden, sind die EZ-Akteure gefragt, stärker voneinander zu lernen, um effizienter zu werden.

Das Business Support Services Programm von DEG Impulse soll in dem folgenden Interview vorgestellt werden:

Frage: Welchen Umfang hat das Business Support Programm (BSS), von welchen Finanzierungssummen sprechen wir und wie viele MitarbeiterInnen von DEG Impulse sind damit befasst?

Wir sind 12 MitarbeiterInnen mit einer Kapazität von 9 Vollzeitstellen im BSS Team und bearbeiten im Jahr ca. 90 – 110 Neuprojekte, also ca. 12 Neu- und ca. 20 Bestandsprojekte pro Vollzeit-Fachkraft. Die finanzierten TA-Projekte haben einen Umfang von mindestens 40.000 Euro bis max. 400.000 Euro, wobei grundsätzlich 50 % der Kosten vom Kunden zu tragen sind. In einigen Fällen liegt der Partneranteil auch höher.

Seit Gründung des TA bzw. Business Support Programms vor 12 Jahren wurden 1.230 Projekte mit einem Umfang von 69 Mio. Euro Förderanteil durchgeführt. Dabei stammt ein Teil der Fördermittel vom BMZ und ein Teil aus eigenen Mitteln der DEG.

Frage: Welche Frage- bzw. Problemstellungen werden mit dem BSS-Programm typischerweise bearbeitet?

Wir bearbeiten im Wesentlichen die folgenden Problemstellungen:

  • Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf MitarbeiterInnen, Anwohner, Lieferanten und andere. Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um die involvierten Stakeholder besser zu stellen?
  • Ressourceneffizienz und Klimaschutz: Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um den Druck auf natürliche Ressourcen sowie den CO2 Footprint eines Unternehmens zu verringern?
  • Wirtschaftliche Nachhaltigkeit: Welche Veränderungen in der Unternehmensorganisation, in den Arbeitsprozessen oder in der Marktbearbeitung sind nötig, um das Geschäftsmodell langfristig auf gesunde wirtschaftliche Beine zu stellen und somit gute lokale Arbeitsplätze zu schaffen und zu sichern?
  • Corporate Governance: Wie kann eine langfristig gute Unternehmensführung sichergestellt werden? Darunter fällt z.B. die Erarbeitung von Nachfolgeregelungen in einem Familienunternehmen oder die Straffung bzw. Umorganisation von Unternehmensstrukturen, so dass diese für potenzielle Kreditgeber transparent werden.

Frage: Wie kommt ein BSS Projekt zustande, wie wird es vergeben und wie wird es abgewickelt?

Ausgangspunkt ist, dass der DEG-Kunde, der DEG-Kundenbetreuer oder auch MitarbeiterInnen des BSS-Teams den Bedarf für eine solche Maßnahme sehen. Dann wird das BSS-Projektziel und der Projektumfang definiert (Terms of Reference), der Kunde stellt ein „Change-Team“ (i.d.R. mit Involvierung der Geschäftsführungsebene) zur Verfügung und verpflichtet sich mindestens zu einer 50 %igen Kostenübernahme. Auf dieser Basis schreibt die DEG Impulse das Beratungsprojekt aus. Sie kann dabei auf einen Pool von mehreren hundert hoch qualifizierten Spezialisten weltweit und zunehmend auch in den Partnerländern der Kunden zurückgreifen. Der Kunde kann sich so sicher sein, dass er für seine spezifische Problemstellung weltweit führendes Know-how zur Verfügung gestellt bekommt.

Wenn das Projekt abgeschlossen ist, können sich Anschlussprojekte ergeben. Nach Beendigung der Maßnahme gibt es einen Schlussbericht und eine Abschlussbesprechung. Die Kunden werden zudem systematisch zu ihrer Zufriedenheit mit der Projektabwicklung befragt. Dabei sind die Zustimmungsraten generell hoch.

Frage: Uns würden 3 typische Beispiele von BSS Projekten interessieren?

Nehmen wir einen deutschen Mittelständler, der u.a. in Asien Schmiedewerke für Aluminiumteile betreibt. Mit dieser Firma arbeitet unser BSS-Team seit 2017 zusammen. Es begann mit einem Ressourcen und Energie-Effizienz Check zur Identifizierung von Einsparmöglichkeiten für Energie und Wasser, der für das Unternehmen aufschlusstreich bzgl. des wirtschaftlichen Potenzials war. In einem Folgeprojekt ging es dann um die Umsetzung der Empfehlungen und den Aufbau eines Managementsystems zur kontinuierlichen Verbesserung der Energieeffizienz. Mit den sich einstellenden Erfolgen hatte die lokale Geschäftsführung Feuer gefangen und in der dritten Phase mit Hilfe von BSS ein Kreislaufwirtschaftsansatz umgesetzt, in dem innovative Konzepte zur Reduktion von Abfällen, Wassereffizienz und zur Wärmenutzung erprobt wurden: z.B. wird jetzt im Sommer die in der Schmiede erzeugte Wärme in einem unterirdischen Röhrensystem für die Heizperiode im Winter gespeichert. Heute arbeiten wir mit dem Unternehmen an der weiteren Klimatransformation: im Vordergrund steht dabei die Reduktion des CO2 Fußabdrucks in der Zulieferkette, u.a. durch Recycling von gebrauchtem Aluminium und Umstellung der Logistik.

Bei dem zweiten Beispiel geht es um einen mexikanischen Kunden, der komplette OP-Säle inklusive Pflegepersonal an Krankenhäuser vermietet. Dieser Kunde hatte eine hohe Personalrotation, insbesondere in den ausländischen Niederlassungen. Die Fluktuationsquote betrug zum Teil bis zu 50 % p.a.. Durch die Einschaltung einer kompetenten Personalberaterin ist es gelungen, die MitarbeiterInnenzufriedenheit stark zu verbessern und innerhalb kurzer Zeit die Fluktuation auf 10% p.a. zu senken.

Eine der führenden Banken Kameruns hatte eine Vielzahl täglich anfallender Daten so zu erfassen und zu bearbeiten, dass tagesaktuell verlässliche und einheitliche Daten für das gesamte Unternehmen zur Verfügung standen. Jede Abteilung arbeitete mit ihren eigenen Excel Sheets. Als Folge bekamen Kreditgeber, Kunden aber auch die Zentralbank oft deutlich verspätete und z.T. widersprüchliche Informationen. Mit Hilfe des DEG BSS Supports konnte die Bank Berater rekrutieren, die in Zusammenarbeit mit einer Task Force der Bank ein konsistentes und tagesaktuelles Daten-Managementsystem auf die Beine gestellt haben. Dies hat der Bank maßgeblich geholfen, zum führenden Institut in Kamerun zu werden. Vor Ort verbesserte sich durch die effizienteren Prozesse der Zugang zu Finanzierung für lokale Unternehmen und Konsumenten.

Frage: Von außen gesehen, ist es bemerkenswert, wie viele Projekte pro Jahr von einem relativ kleinen Team gestemmt werden. Die Projekte werden auch i.d.R. in wenigen Monaten konzipiert und auf den Weg gebracht. Wie wird diese Effizienz erreicht?

Wesentlich ist, dass wir über die Projekte in direktem Zusammenspiel zwischen DEG KundenbetreuerIn und BSS-Team entscheiden. Wir arbeiten zudem mit Standardverträgen. Bei der Rekrutierung der BeraterInnen arbeiten wir sowohl mit Rahmenverträgen, wie auch mit Paketausschreibungen für typische Beratungsprojekte. So müssen wir nicht jedes Projekt einzeln ausschreiben. Andere Abteilungen im Haus werden initiativ eingeschaltet, wenn unser Team bei außergewöhnlichen Rechts- oder Umwelt- oder Sozialfragen Unterstützungsbedarf sieht. Aufwändige Abstimmungsprozesse mit anderen Abteilungen werden so reduziert.

Mit dem BMZ als Mittelgeber haben wir effiziente Prozesse vereinbart. Über neue Projekte wird 1x/Quartal berichtet. Abstimmungen zu Einzelprojekten gibt es nur in seltenen Fällen, wenn dies z.B. aufgrund der Projektgröße erforderlich ist. 

Und nicht zuletzt ist es essenziell, dass wir auf Augenhöhe mit Unternehmen vor Ort zusammenarbeiten, die wissen, was vor Ort gebraucht wird und selber so sehr vom Projekt überzeugt sind, dass sie den Eigenanteil der Kosten beisteuern.  Dies führt zu sehr verlässlichen Partnern, die gemeinsam entwickelte Konzepte schnell umsetzen.

Titelfoto: DEG / Fotograf: Andreas Huppertz

Autoren

Technische Assistenz der DEG bewirkt institutionellen „Change“ im Globalen Süden

Roger Peltzer


[wpml-string context="pb-bioinfo" name="info-1"]70 Jahre alt, verheiratet, 3 Kinder und 4 Enkelkinder. Ich habe an der Universität Münster Volkswirtschaft studiert und anschließend den postgraduierten Kurs am deutschen Institut für Entwicklungspolitik (heute IDOS) absolviert.[/wpml-string]


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